White Men Can’t Jump

Der Basketballer Dennis Pilchowksy engagiert sich mit einer umstrittenen Initative für Basketballer, die nicht springen können. Ein Interview im Rahmen unserer neuen Reihe „Visionäre – Pioniere – Changemaker“.

Herr Pilchowsky….

Danny, bitte.

Danny, Sie haben gemeinsam mit anderen Betroffenen den Deutschen Basketball Verein für Vertikal Benachteiligte DBVV gegründet. Wie kam es dazu?

Ich spiele seit meinem 14. Lebensjahr leidenschaftlich gerne Basketball. Ich habe allerdings schon  früh gemerkt, dass ich anders bin. Obwohl ich sehr intensiv trainiert habe, habe ich nie eine Sprunghöhe von mehr als 50 Zentimeter erreicht.

logo_DBVV50 Zentimeter, das ist doch gar nicht schlecht.

Nicht schlecht? Das ist ein Witz. Bei einer Körpergröße von 1,90 m können Sie mit einem halben Meter Sprunghöhe gar nichts anfangen. Michael Jordan konnte mindestens doppelt so hoch springen.

Aber der hat in der amerikanischen Profiliga gespielt und war der beste Basketballer aller Zeiten.

Darum geht es hier doch gar nicht. Das Problem ist aus unserer Sicht die Hautfarbe. Ich hatte in der B-Jugend einen schwarzen Mannschaftskollegen, der war 10 Zentimeter kleiner als ich. Der sprang wie ein Känguru. Slam Dunk rückwärts aus dem Stand überhaupt kein Problem.

Sagt man eigentlich noch, dass jemand „schwarz“ ist?

Das ist mir schnurzpiepegal, wie man das nennt, es wissen doch alle, was gemeint ist.

Und Sie konnten keinen Slam Dunk?

Nein, ich konnte keinen Slam Dunk. Man trainiert hart, man versucht sich zu behelfen. Zum Beispiel durch aggressiven Körpereinsatz auf dem Spielfeld. So wie Bill Laimbeer, falls sie den noch kennen. Aber man macht aufgrund seiner Benachteiligung viele negative Erfahrungen. Dann habe sogar ich die Lust am Basketball verloren. Ich habe aufgehört zu spielen, wurde depressiv, habe zu viel getrunken. Mein Traum, einmal in der NBA zu spielen, ist geplatzt.

Und was ist dann passiert?

Ironischerweise habe ich durch meine Kneipenbesuche viele ehemalige Basketball-Spieler kennengelernt, denen es ähnlich ergangen war. Alles weiße Mittelschicht-Angehörige, die einfach nicht springen können. Die, wie wir sagen, vertikal benachteiligt sind. Viele traurige Schicksale darunter. Und da habe ich gemerkt: Ich bin nicht allein. Dann habe ich den DBVV gegründet.

Welche Ziele verfolgt ihr Verein?

Zuallererst möchten wir auf die Problematik hinweisen, sie in der Gesellschaft bekannt machen. Weltweit spielen fast eine halbe Milliarde Menschen Basketball. Offiziell gibt es keine Zahlen über vertikale Benachteiligung, aber die Dunkelziffer ist extrem hoch. Wir vom DBVV schätzen, dass mindestens 60 bis 70 Prozent aller Spieler in Deutschland von vertikaler Benachteiligung betroffen sind. Es gibt da überhaupt überhaupt kein Bewusstsein, in der Gesellschaft allgemein nicht und auch nicht beim DBB (Anmerkung: Deutscher Basketball-Bund). Das Thema wird totgeschwiegen. Wenn man aber einmal für die Problematik sensibilisiert ist, dann sieht man es als Basketballspieler überall. Und, man muss es auch einfach sagen dürfen, nahezu alle Betroffenen sind Weiße.

Sie meinen Menschen mit weißer Hautfarbe?

Das ist mir doch schnurzpiepegal, wie man das nennt, es weiß doch jeder was gemeint ist.

Und Menschen mit schwarzer Hautfarbe sind nicht davon betroffen?

(lacht) Schwarze? Ha! Auf Youtube können Sie sehen, wie Spud Webb den Ball noch mit 50 Jahren in den Korb reinzimmert. Und wissen Sie, wie groß der ist? 1 Meter 70!

Was ist mit Dirk Nowitzky? Der ist ja weiß.

Sicher, Dirk ist ok. Aber das ist doch keine Kunst, ein Dunking zu schaffen, wenn man 2 Meter 13 groß ist. Außerdem macht der gar keine Dunkings, der schießt immer nur 3er. Bei vielen Weißen sitzt das tief drinnen, diese Angst, geblockt zu werden.

„Das Thema wird totgeschwiegen“

 

Danny, kann es sein, dass Sie einfach neidisch sind auf die Fähigkeiten anderer?

Natürlich sind bei mir als Betroffenen da auch Emotionen im Spiel, aber die versuche ich aus meiner täglichen Arbeit rauszuhalten.

Ich höre da bei Ihnen eher rassistische Untertöne raus.

Es geht hier nicht um Rassismus, es geht um Fakten. Sehen Sie, in den USA geht es die ganze Zeit um die armen Schwarzen, benachteiligt hier, benachteiligt da, und da mag ja geschichtlich was dran sein. Aber schauen Sie sich mal bitte den Basketballsport an. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir weißen Basketballer sagen: Es reicht. Vertikale Benachteiligung muss endlich ein Thema werden!

Welche Ziele verfolgt Ihre Initiative?

Zur Zeit arbeiten wir an einem Flyer, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Wir sind gerade im Gespräch mit dem Finanzamt, um gemeinnützig zu werden. Ein weiterer Schritt wäre es, eine andere Atmosphäre in den Basketball-Hallen zu schaffen, zum Beispiel indem man andere Musik spielt und nicht immer nur Hip Hop. Warum nicht mal Heavy Metal oder auch mal Schlager. Langfristig sind weitergehende Maßnahmen denkbar, man könnte zum Beispiel die Korbhöhe senken. Und um es hier noch mal ganz deutlich zu sagen: Wir sind keinesfalls gegen…für den Ausschluss von schwarzen Spielern aus dem deutschen Basketball. Da könnte man ja die ganzen Kroaten und Serben auch gleich rausschmeißen. Nein, es muss eine andere Lösung geben. Grundsätzlich geht es uns um Gerechtigkeit.

Wer unterstützt Ihre Initiative?

Zum einen sind das unsere Mitglieder, wir treffen uns bislang ein bis zweimal die Woche im kleinen Kreis und diskutieren. Weiterhin haben wir den ehemaligen NBA-Spieler Brian Scalabrine gebeten, eine Schirmherrschaft für den DBVV zu übernehmen. Die Antwort steht aber noch aus.

Hat die Gründung des DBVV ihr Leben verändert?

Ja. Ich spiele wieder. In einer Freizeitmannschaft, mit anderen Betroffenen, einmal die Woche.

Und die Kneipenbesuche?

Ich gehe nur noch gelegentlich in die Kneipe, zum Beispiel zu den Treffen unserer Mitglieder. Ich habe auch das Rauchen eingeschränkt.

Wie wäre es, wenn Sie mehr trainierten?

Machen Sie sich jetzt lustig über mich? Ich bin jetzt Mitte 30, da steckt der Körper nicht mehr so viel weg. Und gegen die Genetik kommt man sowieso nicht an.

Herr Pilchowsky, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Veröffentlicht von Daniel

about me

White Men Can’t Jump

Der Basketballer Dennis Pilchowksy engagiert sich mit einer umstrittenen Initative für Basketballer, die nicht springen können. Ein Interview im Rahmen unserer neuen Reihe „Visionäre – Pioniere – Changemaker“.

Herr Pilchowsky….

Danny, bitte.

Danny, Sie haben gemeinsam mit anderen Betroffenen den Deutschen Basketball Verein für Vertikal Benachteiligte DBVV gegründet. Wie kam es dazu?

Ich spiele seit meinem 14. Lebensjahr leidenschaftlich gerne Basketball. Ich habe allerdings schon  früh gemerkt, dass ich anders bin. Obwohl ich sehr intensiv trainiert habe, habe ich nie eine Sprunghöhe von mehr als 50 Zentimeter erreicht.

logo_DBVV50 Zentimeter, das ist doch gar nicht schlecht.

Nicht schlecht? Das ist ein Witz. Bei einer Körpergröße von 1,90 m können Sie mit einem halben Meter Sprunghöhe gar nichts anfangen. Michael Jordan konnte mindestens doppelt so hoch springen.

Aber der hat in der amerikanischen Profiliga gespielt und war der beste Basketballer aller Zeiten.

Darum geht es hier doch gar nicht. Das Problem ist aus unserer Sicht die Hautfarbe. Ich hatte in der B-Jugend einen schwarzen Mannschaftskollegen, der war 10 Zentimeter kleiner als ich. Der sprang wie ein Känguru. Slam Dunk rückwärts aus dem Stand überhaupt kein Problem.

Sagt man eigentlich noch, dass jemand „schwarz“ ist?

Das ist mir schnurzpiepegal, wie man das nennt, es wissen doch alle, was gemeint ist.

Und Sie konnten keinen Slam Dunk?

Nein, ich konnte keinen Slam Dunk. Man trainiert hart, man versucht sich zu behelfen. Zum Beispiel durch aggressiven Körpereinsatz auf dem Spielfeld. So wie Bill Laimbeer, falls sie den noch kennen. Aber man macht aufgrund seiner Benachteiligung viele negative Erfahrungen. Dann habe sogar ich die Lust am Basketball verloren. Ich habe aufgehört zu spielen, wurde depressiv, habe zu viel getrunken. Mein Traum, einmal in der NBA zu spielen, ist geplatzt.

Und was ist dann passiert?

Ironischerweise habe ich durch meine Kneipenbesuche viele ehemalige Basketball-Spieler kennengelernt, denen es ähnlich ergangen war. Alles weiße Mittelschicht-Angehörige, die einfach nicht springen können. Die, wie wir sagen, vertikal benachteiligt sind. Viele traurige Schicksale darunter. Und da habe ich gemerkt: Ich bin nicht allein. Dann habe ich den DBVV gegründet.

Welche Ziele verfolgt ihr Verein?

Zuallererst möchten wir auf die Problematik hinweisen, sie in der Gesellschaft bekannt machen. Weltweit spielen fast eine halbe Milliarde Menschen Basketball. Offiziell gibt es keine Zahlen über vertikale Benachteiligung, aber die Dunkelziffer ist extrem hoch. Wir vom DBVV schätzen, dass mindestens 60 bis 70 Prozent aller Spieler in Deutschland von vertikaler Benachteiligung betroffen sind. Es gibt da überhaupt überhaupt kein Bewusstsein, in der Gesellschaft allgemein nicht und auch nicht beim DBB (Anmerkung: Deutscher Basketball-Bund). Das Thema wird totgeschwiegen. Wenn man aber einmal für die Problematik sensibilisiert ist, dann sieht man es als Basketballspieler überall. Und, man muss es auch einfach sagen dürfen, nahezu alle Betroffenen sind Weiße.

Sie meinen Menschen mit weißer Hautfarbe?

Das ist mir doch schnurzpiepegal, wie man das nennt, es weiß doch jeder was gemeint ist.

Und Menschen mit schwarzer Hautfarbe sind nicht davon betroffen?

(lacht) Schwarze? Ha! Auf Youtube können Sie sehen, wie Spud Webb den Ball noch mit 50 Jahren in den Korb reinzimmert. Und wissen Sie, wie groß der ist? 1 Meter 70!

Was ist mit Dirk Nowitzky? Der ist ja weiß.

Sicher, Dirk ist ok. Aber das ist doch keine Kunst, ein Dunking zu schaffen, wenn man 2 Meter 13 groß ist. Außerdem macht der gar keine Dunkings, der schießt immer nur 3er. Bei vielen Weißen sitzt das tief drinnen, diese Angst, geblockt zu werden.

„Das Thema wird totgeschwiegen“

 

Danny, kann es sein, dass Sie einfach neidisch sind auf die Fähigkeiten anderer?

Natürlich sind bei mir als Betroffenen da auch Emotionen im Spiel, aber die versuche ich aus meiner täglichen Arbeit rauszuhalten.

Ich höre da bei Ihnen eher rassistische Untertöne raus.

Es geht hier nicht um Rassismus, es geht um Fakten. Sehen Sie, in den USA geht es die ganze Zeit um die armen Schwarzen, benachteiligt hier, benachteiligt da, und da mag ja geschichtlich was dran sein. Aber schauen Sie sich mal bitte den Basketballsport an. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir weißen Basketballer sagen: Es reicht. Vertikale Benachteiligung muss endlich ein Thema werden!

Welche Ziele verfolgt Ihre Initiative?

Zur Zeit arbeiten wir an einem Flyer, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Wir sind gerade im Gespräch mit dem Finanzamt, um gemeinnützig zu werden. Ein weiterer Schritt wäre es, eine andere Atmosphäre in den Basketball-Hallen zu schaffen, zum Beispiel indem man andere Musik spielt und nicht immer nur Hip Hop. Warum nicht mal Heavy Metal oder auch mal Schlager. Langfristig sind weitergehende Maßnahmen denkbar, man könnte zum Beispiel die Korbhöhe senken. Und um es hier noch mal ganz deutlich zu sagen: Wir sind keinesfalls gegen…für den Ausschluss von schwarzen Spielern aus dem deutschen Basketball. Da könnte man ja die ganzen Kroaten und Serben auch gleich rausschmeißen. Nein, es muss eine andere Lösung geben. Grundsätzlich geht es uns um Gerechtigkeit.

Wer unterstützt Ihre Initiative?

Zum einen sind das unsere Mitglieder, wir treffen uns bislang ein bis zweimal die Woche im kleinen Kreis und diskutieren. Weiterhin haben wir den ehemaligen NBA-Spieler Brian Scalabrine gebeten, eine Schirmherrschaft für den DBVV zu übernehmen. Die Antwort steht aber noch aus.

Hat die Gründung des DBVV ihr Leben verändert?

Ja. Ich spiele wieder. In einer Freizeitmannschaft, mit anderen Betroffenen, einmal die Woche.

Und die Kneipenbesuche?

Ich gehe nur noch gelegentlich in die Kneipe, zum Beispiel zu den Treffen unserer Mitglieder. Ich habe auch das Rauchen eingeschränkt.

Wie wäre es, wenn Sie mehr trainierten?

Machen Sie sich jetzt lustig über mich? Ich bin jetzt Mitte 30, da steckt der Körper nicht mehr so viel weg. Und gegen die Genetik kommt man sowieso nicht an.

Herr Pilchowsky, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Veröffentlicht von Daniel

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